Im Programm wurde der Titel von dem Vorsitzenden der Landergruppe NRW – Herr Ludger Risse – treffend erklärt: „Politisch wird der Patient zunehmend als Kunde bezeichnet, was nicht nur sprachlich zu Veränderungen führt. Für den Krankenhausbereich bedeutet dies sowohl Modelle zur Prozessoptimierung einzuführen, als auch zeitgleich am Servicegedanken zu arbeiten und mit dessen Interpretationsvarianten konfrontiert zu werden. Die Berufsgruppe der Pflegefachkräfte ist hier als sogenannter Dienstleister mehrfach angefragt und nimmt in diesem Aufgabenspektrum (noch immer) eine Schlüsselrolle ein.“ Frau Christel Plenter führte als Moderatorin in gewohnter professioneller Weise durch den gut gefüllten Tag.
Zunächst berichtete Herr Prof. Dr. Michael Schulz über die körperlichen und psychischen Folgen von Stress am Arbeitsplatz. Grundlage seiner Ausführungen waren die Ergebnisse der Bethelstudie“. Das Forschungsprojekt hat in 2007 die Arbeitsbelastung von 390 pflegerischen Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeitern erfasst und analysiert. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Anforderung und Belohnung sowie die Optimierung von Arbeitsprozessen sind wirksame Investitionen in die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor allem aber muss die soziale Unterstützung durch sachkundige Führung motivierend und stärkend wirken. Denn fest steht, dass zu enge Handlungsspielräume und zu wenig Selbstvertrauen in die eigene Aufgabenerfüllung pathologischen Stress entstehen lassen.
Die „Fall- und prozessorientierte Pflegeorganisation im Krankenhaus“ stellte in beeindruckender Weise Herr Christian de la Chaux dar. In seiner Funktion als Pflegedirektor stellte er praxisnah und anschaulich die Veränderungsprozesse im Pflegedienst, unter Aufhebung vieler Unantastbarkeiten, vor. So wurden die bisherigen hierarchischen Strukturen aufgelöst und durch eine völlig neue Konzeption, die gleichzeitig die Fallsteuerung und fachliche Führung betrifft, ersetzt. Ein wirklich bahnbrechendes Modell, denn die Kernaussage lautet wie folgt: Wir legen fest WER mit WELCHER Qualität und zu WELCHEM Preis WELCHE Leistung durchführt!
Frau Anneke de Jong berichtete über die „Vergütungsberechnung nach Kompetenzen und Qualifikation“ in den Niederlanden. Zunächst mussten die Unterschiede der beiden Nachbarländer in Bezug auf Ausbildung und Akademisierung geklärt werden. Die Aufgaben der Pflegeberufe sind so unterschiedlich wie die möglichen Qualifikationsabschlüsse und im direkten Vergleich schneiden die Gesundheits- und Kranken-pflegekräfte aus Deutschland gar nicht so schlecht ab, auch wenn einem das Gefühl was ganz anderes sagt.
Dr. Rüdiger Klatt präsentierte die „Qualität und Wertschätzung von Krankenpflege in der öffentlichen Wahrnehmung“. Leider mit erschütternd schlechten Ergebnissen. Jeder bewundert die Pflegenden, der Verdienst wird als schlecht eingestuft, keiner will es machen und die Leistungen sind nur ausreichend. Da verwundert es auch nicht mehr, dass die Gesundheits- und Krankenpflege mittlerweile zu den „Berufen im Schatten“ gehört. Trotz guter Ausbildung und Kompetenzanforderung genießen Pflegekräfte ein geringes Ansehen. Mögliche Konsequenzen sind eine geringere Entlohnung, begrenzte Aufstiegschancen, Selbstwertprobleme, Professionalisierungs- und Vermarktungsprobleme und Nachwuchsprobleme.
Um das Ganze noch weiter auf die Spitze zu treiben, berichtete Herr Kurt-Georg Ciesinger über die „mangelnde Wertschätzung als Risikofaktor für Burnout in der Krankenpflege“. Seine Botschaft: Die Wertschätzung der Arbeit ist eine zentrale Einflussgröße für Burnout – positiv wie negativ! Wertschätzung kommt von Patienten (=Kunden), Vorgesetzten, Kollegen und der „Gesellschaft“.
Strategien der aktiven Wertschätzungsförderung können Burnout verhindern. Setzen Sie sich ein für das Kundenfeedback, eine wertschätzungsorientierte Führung, kommunikative Strukturen und Verbands-, Öffentlichkeits-, Tarifarbeit.
Um die Wertschätzung des Pflegemanagements gegenüber den Nachwuchskräften zu zeigen, wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal der BALK-NRW Innovationspreis Nachwuchs-förderung verliehen.
„Shit Happens“ ist der aussagekräftige Titel der eingereichten Arbeit, die sich mit der Kommunikation über Stuhl-Ausscheidungen beschäftigt. Eine Spielsammlung, die aus einem Memory, einem Fächer und einem Quartett besteht, soll die Beschreibung und Definition von Stuhlausscheidungen bildhaft verdeutlichen und erleichtern. Ähnlich einer Farbkarte im Tapetengeschäft sind die möglichen Formen von Stuhlgängen abgebildet und können helfen Sprachbarrieren und Schamgefühle zu überwinden. Beeindruckend ist, dass die Arbeit durch die Auszubildenden der Gesundheits- und Krankenpflege der Krankenpflegeschule des Universitätsklinikums Köln im ersten Ausbildungsjahr erstellt wurde. Unterricht praxisnah und lebendig ist also doch möglich. Der Preis wurde von Ministerialrat Andreas Burkert überreicht. Das dazu gehörige Preisgeld ging wohlverdient in Höhe von 250,-EUR an diese aktiven Schülerinnen. Die Arbeit und die Darstellung durch die Schülerinnen rief spontane Beifallsbekundungen des Plenums hervor.
Die Berufspolitik darf in einer BALK Veranstaltung natürlich nicht fehlen, Ministerialrat Andreas Burkert aus dem Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter in NRW überbrachte die Grüße der Ministerin Barbara Steffens. Im „Couchgespräch“ mit Ludger Risse wurde dann über die brennenden Pflegethemen gesprochen. Andreas Burkert berichtete über Aktivitäten in Sachen Ausbildung und Nachwuchsgewinnung. Das Thema Selbstverwaltung wird 2012 wieder auf die Agenda gesetzt. Burkert versprach, die dringliche Bitte, die Ministerin möge sich in Berlin für die adäquate Weiterfinanzierung der Pflegestellen aus dem Förderprogramm in den Krankenhäusern einsetzen, weiter zu geben. Er bekundete, dass dieses ganz sicher geschehen werde.
Andrea Albrecht
Vorstandsmitglied BALK-NRW